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Geburt

10 Fragen & Antworten zum Stillen

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©Hintergrund: Mirjam Wilde / kleines Bild: Gina Walkowiak

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Als Hebamme bist du Expertin zum Thema Stillen und berätst und unterstützt frischgebackene Eltern zu Stillproblemen während der Wochenbettzeit und danach. Während deiner beruflichen Laufbahn wurden schon unzählige Fragen rund ums Stillen an dich herangetragen. Wir wollen ein paar dieser spannenden Fragen mit dir durchgehen und sind auf deine wertvollen Antworten gespannt:

1. Was sollte ich während der Stillzeit nicht essen oder trinken, und was sollte ich unbedingt zu mir nehmen?

Sissi Rasche:  Früher wurde oft behauptet, dass bestimmte Lebensmittel, wie Knoblauch oder Zwiebeln, dem Kind Probleme bereiten. Dieser Mythos wurde durch Studien entkräftet: Als stillende Frau kannst du alles essen, was du möchtest, da die Muttermilch nicht direkt aus deiner Nahrung gebildet wird, sondern aus deinem Blut und deinen Körperdepots.

Achte auf eine ausgewogene sowie abwechslungsreiche Ernährung und auf die zusätzliche Einnahme von jodiertem Speisesalz oder genügend Fisch sowie Vitamin D. Natürlich sind Alkohol und Rauchen in der Stillzeit tabu. Koffein solltet ihr während der Stillzeit nur in Maßen zu euch nehmen, da Koffein in die Muttermilch übergeht – und das am besten morgens nach einer Stilleinheit und nicht in den Abendstunden. Babys können das Koffein in der Muttermilch nicht gut verstoffwechseln und es kann zu Symptomen wie Bauchschmerzen, Schlafstörungen oder Unruhezuständen kommen.

Ansonsten ist alles erlaubt. Du hast als stillende Mutter einfach einen Mehrbedarf an Kalorien (630 Kalorien pro Tag), sodass du ausreichend essen solltest. Gerade im Frühwochenbett ist eine ausreichende Energiezufuhr für die Regeneration wichtig: Zwei warme Speisen am Tag, also ein warmes Frühstück (z. B. Porridge mit Nüssen) und ein warmes Mittagessen sind empfehlenswert. Du solltest schauen, dass du nicht weniger als 1800 Kalorien pro Tag zu dir nimmst, da sich sonst deine Milchmenge verringern kann. Und nicht vergessen: trink ausreichend!

Solltest du dich vegan ernähren, lass das bitte ärztlich kontrollieren, denn: Eine regelmäßige Blutabnahme gibt Aufschluss darüber, ob genügend Vitamine im Körper sind. Vor allem die Vitamine B6 und B12 sind in der Stillzeit sehr wichtig. Bei einem Mangel sollten die Nährstoffe ausreichend substituiert werden.

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2. Woher weiß ich, dass mein Baby genug Milch bekommen hat?

Sissi Rasche:  Dass bestimmte Abstände beim Stillen eingehalten werden sollten, ist zwischenzeitlich widerlegt. Wichtig ist, dass das Baby regelmäßig trinkt und dass es nach Bedarf gestillt wird. Das heißt, du kannst und solltest es immer dann an die Brust legen, wenn es möchte. Das mag mal sehr häufig sein, mal nur alle paar Stunden – beides ist in Ordnung! Es gibt verschiedene Hungerzeichen, auf die du achten solltest. Dazu gehört das Öffnen des Mundes, dass die Zunge aus dem Mund geschoben wird, generelle Unruhe und das Bewegen von Armen, Beinen oder Händen. Dein Baby dreht vielleicht auch den Kopf hin und her oder schmatzt und saugt an den Fingerchen. Erst das letzte Zeichen von Hunger ist Schreien.

Beobachte auch, dass euer Baby ausreichend ausscheidet. Die Ausscheidung gibt Aufschluss darüber, ob ein Kind genug Milch bekommt. Gleichzeitig kannst du, oder kann deine Hebamme kontrollieren, ob dein Baby ausreichend an Gewicht zunimmt. Auch die Gewichtszunahme ist also auch immer ein Indikator, dass dein Kind genug trinkt.

Normale Gewichtszunahme pro Woche
1-2 Monate: 170-330 g
3-4 Monate: 110-330 g
5-6 Monate: 70-140 g
7-12 Monate: 40-110 g

Wichtig ist auch, dass das Baby zwischen den Stillmahlzeiten gut schläft. Trinkt dein Kind oft, bedeutet das nicht automatisch, dass du zu wenig Milch gibst oder dass das Kind nicht richtig satt wird. Gerade im ersten Lebensjahr ist das vollkommen normal, genauso wie auch nächtliches Stillen. Die Kinder holen sich ihren Bedarf nachts, weil sie tagsüber mehr erleben und vielleicht schneller abgelenkt sind. Einschlafstillen ist absolut natürlich und nichts Schlechtes, was es um jeden Preis zu vermeiden gilt. Der schlaue Satz "Gib deinem Kind Brei, dann schläft es besser" ist ganz einfach falsch!

3. Ich habe ein Sommerbaby, es ist sehr warm draußen. Braucht es zusätzlich zur Milch etwas zu trinken, und wenn ja, was ist besser, (abgekochtes?) Wasser oder Tee?

Sissi Rasche:  Nein, das braucht es nicht. Wenn ein Baby im Juli oder August geboren wird, braucht es nur die Muttermilch, auch kein zusätzliches Wasser. Wenn dein Kind aber schon in der Beikosteinführung ist, also schon feste oder pürierte Nahrung zu sich nimmt, dann ist es wichtig, dass du zu den Mahlzeiten auch stilles Wasser anbietest.

4. Ich habe zu wenig Milch. Wie kann ich den Milchfluss anregen? Hilft es, viel Stilltee zu trinken?

Sissi Rasche:  Wenn ein Problem mit der Milchmenge vorliegt, heißt es auch immer, dass das Stillen an sich nicht gut funktioniert. In ganz seltenen Fällen liegt eine anatomische Ursache zugrunde (z. B.  zu wenig Brustdrüsengewebe), in den häufigsten Fällen liegt es an der Stillbeziehung: Einseitiges oder zu seltenes Anlegen oder das Verwenden eines Schnullers können Störfaktoren sein. Auch Stress hat Einfluss auf die Milchbildung, daher ist es für Familien umso wichtiger, die intensive Wochenbettzeit genau zu hinterfragen: Wo hängt der Haussegen vielleicht schief? Wie kann die Frau entlastet werden? Wie kann das Wochenbett noch entspannter für alle gestaltet werden?

Jetzt auf Pinterest pinnenMutter stillt Neugeborenes mit Haut-an-Haut-Kontakt
©istock.com
Mein Tipp: Um die für das Stillen so wichtige Hormonausschüttung anzukurbeln, vor allem die des Liebeshormons Oxytocin, ist ein Haut-an-Haut-Kontakt sehr wichtig. Auch ein schneller Wechsel zwischen den Brüsten kann förderlich sein und die Milchproduktion anregen, am besten ist es, bis zu vier Mal die Brustseite zu wechseln.
Sissi Rasche

Auch die Anlegetechnik sollte nochmals überprüft werden, und ob die Brust leer getrunken wird. Das Angebot regelt die Nachfrage, daher ist im Zweifel ein häufigeres Anlegen immer eine gute Idee und generell die wichtigste Maßnahme, um das Stillen anzukurbeln.

Bockshornklee kann milchbildungsfördernd wirken. Im herkömmlichen Stilltee sind jedoch so geringe Mengen Bockshornklee enthalten, dass hier kein direkter Effekt nachgewiesen werden kann. Wenn dich das Trinken von Stilltee entspannt und das zu deinem Wohlgefühl beiträgt, hilft das natürlich auch, dass die Milch besser fließt. Schließlich ist ausreichendes Trinken in jedem Fall wichtig und gut!

Wenn keine dieser Maßnahmen funktioniert – also auch durch viel Bonding, Stressreduzierung, Entlastung im Haushalt und das viele Anlegen die Stillbeziehung nicht leichter wird – dann kann eine Stillberaterin (IBCLC-Beraterin) aufgesucht und eine medikamentöse Unterstützung in Betracht gezogen werden.

5. Mein Baby “beißt” in meine Brustwarzen, die Schmerzen sind schwer auszuhalten, ich habe deshalb schon Angst vorm Stillen, meine Brustwarzen sind schon entzündet. Wie gewöhne ich ihm das ab?

Sissi Rasche:  Wenn das Baby schon Zähne hat, dann befinden wir uns so um den achten bis zehnten Monat, also in einer späten Stillphase und nicht mehr in der frühen Wochenbett-Stillzeit. Wenn ihr als stillende Mutter das Gefühl habt, dass euer Kind in die Brustwarzen beißt, ist es wichtig, in die Kommunikation mit dem Kind zu gehen. Kinder in diesem Alter verstehen schon sehr viel! Du kannst deinem Kind also erklären, dass dir das sehr weh tut oder das Kind von der Brust nehmen. Denn oft spielen die Babys auch an den Brustwarzen, wenn sie gelangweilt sind. Kommuniziere ruhig klar, dass du das nicht möchtest, weil es unangenehm für dich ist.

Wenn die Brustwarzen verletzt sind, ist es natürlich wichtig, diese zu pflegen und auch das Anliegen sollte gegebenenfalls korrigiert werden.

Jetzt auf Pinterest pinnenHebamme Sissi Rasche stillt ihre Tochter
©Gina Walkowiak

6. Was sind Stillhütchen und wie kann ich sie einsetzen, bzw. ab wann macht ein Stillhütchen Sinn, und welche Nachteile haben Stillhütchen?

Sissi Rasche:  Ein Stillhut ist ein medizinisches Hilfsmittel (in Brustwarzenform und meist aus Silikon), welches aus unterschiedlichen Gründen eingesetzt wird, dabei aber immer bedacht angewendet werden sollte: Bei Frühgeborenen kommen sie oft zum Einsatz, weil die Babys häufig die Brustwarzen noch nicht so gut fassen können. Bei bestimmten Brustwarzenformen, bei Saugverwirrung oder bei wunden Brustwarzen können Stillhütchen ebenfalls verwendet werden.

Aber zieh Stillhütchen bitte immer mit Vorsicht heran: Denn das zu schnelle Einsetzen von Brusthüten ist meist kontraproduktiv und kann eher zu mehr Stillproblemen führen, als dass diese behoben werden. In den allermeisten Fällen kann die Brust mit einem Stillhütchen nicht optimal geleert werden, was zu weniger Milchbildung führen kann. Du solltest ein Stillhütchen daher nur unter Aufsicht einer Stillberaterin nutzen, und nur dann, wenn eine medizinische Indikation vorliegt. Nur weil deine Brustwarzen etwas flacher sind, heißt das noch lange nicht, dass ein Stillhütchen notwendig ist.

Ist ein Stillhütchen bei dir medizinisch notwendig, kann dir dieses deine Stillbeziehung aber erleichtern. Und bitte denk daran: Du bist damit nicht alleine, viele Frauen können dank Stillhütchen sehr gut stillen. Wichtig ist es dann, auf gute Hygiene zu achten, damit sich keine Bakterien bilden. 

Jetzt auf Pinterest pinnenGeburtskarte mit Baby

7. Woran erkenne ich einen Milchstau?

Sissi Rasche:  Ein Milchstau entsteht, wenn der Milchspendereflex gestört ist und die Brust nicht optimal leergetrunken wird. Gründe dafür können vielfältig sein, vor allem Stress, Erschöpfung aber auch generelle Überwältigung können zu einem Milchstau führen. Aber auch mechanische Gründe, wie beispielsweise ein Teil der Brust, der durch einen zu engen BH abgeklemmt ist, können zu Stau und einer Entzündung dieser Bereiche führen.

So erkenne ich einen Milchstau: Ein Milchstau kann einhergehen mit Grippesymptomen. Kopf- und Gliederschmerzen, Schüttelfrost, Fieber und Schmerzen in der Brust. In der Regel kann man einen verhärteten Bereich entdecken, der auch oft gerötet ist. Hier ist es wichtig, schnell zu reagieren, denn ein lang anhaltender Milchstau kann zu einer ernstzunehmenden Brustentzündung führen. Das Wichtigste ist, dass die betroffene Brust schnellstmöglich leergetrunken werden kann. Dein Kind ist hier die beste Hilfe: Lege es am besten mit dem Unterkiefer in die Richtung, an dem die Brust schmerzt – so kann diese Stelle optimal vom Kind abgetrunken werden. Aber auch normales Trinken hilft oft, und auch du selbst kannst deine Brust bereits ausstreichen oder abpumpen, obwohl hier natürlich wieder der Milchspendereflex angeregt wird. Wärme vor dem Anlegen oder Ausstreichen hilft hierbei.

Nach dem Stillen kannst du deine Brüste kühlen oder Quarkwickel anlegen, um die Heilung weiter zu unterstützen. Auch Ibuprofen oder Paracetamol können Schmerzen lindern und die Entzündung hemmen. Die Symptome sollten nach 24 Stunden besser sein oder sich nicht weiter verschlechtert haben, ansonsten solltest du dich ärztlich vorstellen. Es kann allerdings sein, dass die Verhärtung in der Brust noch länger dauert als 24 Stunden – sofern es dir ansonsten besser geht, besteht aber keine Gefahr einer Brustentzündung (Mastitis). 

Das Wichtigste nach einem Milchstau ist, zu schauen, wie es dazu kam und möglichen Stress zu reduzieren. Ein Milchstau ist auch immer ein Zeichen des Körpers, dass etwas zu viel ist.

Jetzt auf Pinterest pinnenCollage: Hebamme Sissi Rasche beim Stillen ihres Babys
©Gina Walkowiak

8. Ich habe mich dafür entschieden, nicht zu stillen: Was rätst du mir? Welche Tipps gibst du mir zum Fläschchengeben?

Sissi Rasche:  Ganz egal, wie eure persönliche Stillbeziehung aussieht, gibt es einige Dinge, die du beachten kannst. Auch wenn du nicht stillen möchtest, kannst du deinem Baby in den ersten Tagen nach der Geburt das sogenannte Kolostrum, also die Vormilch, geben. Denn Kolostrum  ist wahres “Gold” mit über 200 Inhaltsstoffen, hergestellt vom Körper der Mutter. Es fungiert als natürliche Impfung für das Baby, da über das Kolostrum wichtige Immunglobuli mitgegeben werden. Diese sorgen dafür, dass in den ersten Tagen der Magen-Darm-Trakt des Kindes gut ausgekleidet wird. Außerdem helfen sie dabei, das erste Kindspech, also den ersten Stuhlgang  (auch Mekonium genannt), abzusetzen und unterstützen den Nestschutz (Immunabwehr durch die Antikörper der Mutter) des Babys. 

Auch der Blutzuckerspiegel von Kindern, die Kolostrum erhalten, bleibt im Vergleich zu Kindern, die direkt ab Anfang an Formula Nahrung erhalten auf einem stabileren Niveau*. Das ist vor allem für die Kinder von Frauen mit einem Schwangerschaftsdiabetes ein großer Vorteil, da einem Abfall des Blutzuckerspiegels vorgebeugt wird. Industriell hergestellte Säuglingsnahrung ist zwar von den Inhaltsstoffen mit Muttermilch vergleichbar**, jedoch sind viele körpereigen produzierte Substanzen nicht verfügbar, welche neben der Immunglobuline einen aktiven Schutz des Immunsystem des Kindes unterstützen.

Möchtest du also nicht stillen, kann es trotzdem wichtig sein, die Vormilch zu sammeln. Dafür musst du dein Baby nicht anlegen, wenn du das nicht möchtest! Streiche die Milch zwischen dem ersten und vierten Lebenstag des Kindes per Hand aus der Brust aus. Danach kann in die Flaschennahrung übergegangen werden. 

*(Europäisches Institut für Stillen und Laktation)
** (2012, Nationale Stillkommission)

Jetzt auf Pinterest pinnenBaby trinkt mit geschlossenen Augen an der Brust der Mutter
©istock.com

Mein Tipp fürs Fläschchenstillen: Bezieht nicht zu viele Personen in den Stillprozess mit ein. Wenige Hauptbezugspersonen reichen vollkommen aus, also die Eltern des Babys wie auch nahe Verwandte. Auch ist es für das Kind gut, regelmäßig den Arm zu wechseln. So wird der Kopf des Babys beidseitig koordiniert. Eine Flasche mit einem Weithals sorgt dafür, dass auch die Muskulatur gut trainiert wird und ist daher empfehlenswert. Von irgendwelchen Vorrichtungen zum Fläschchenhalten rate ich ab: Zum einen ist die Gefahr groß, dass sich das Kind verschluckt, zum anderen geht dadurch der wichtige Körperkontakt verloren. Deshalb ist auch hier mein Rat, das Baby selbst zu halten und für viel Nähe und Haut-an-Haut-Kontakt auch gerne mal mit nacktem Oberkörper die Flasche zu geben.

Liegt das Neugeborene beim Füttern gut im Arm, ist es zudem wichtig, den Blickkontakt zu halten. Denn auch hier gilt: Achte auf die Bedürfnisse deines Kindes und konzentriere dich nicht auf den Flascheninhalt. Es zählt also nicht, wie viel Milch noch in der Flasche ist, sondern wie viel das Kind trinken möchte – die 120 ml in der Flasche müssen nicht unbedingt leer getrunken werden. Das Wegdrehen des Kopfes ist z. B. ein Zeichen dafür, dass das Baby genug getrunken hat und für den Moment satt ist. Auch bestimmte Abstände beim Füttern spielen keine Rolle: Wenn das Baby Hunger hat, hat es Hunger und wird sich bemerkbar machen. Ich empfehle daher, dass die Pre-Milch, die Anfangsmilch für das erste Lebensjahr, wie die Muttermilch beim Stillen mit der Brust nach Bedarf gegeben wird.

Jetzt auf Pinterest pinnenJunger Vater gibt seinem Baby die Flasche
©istock.com
Mein Tipp an Familien, die Fläschchen geben: Ein kleines Söckchen über der Flasche hilft dabei, sich auf die Bedürfnisse des Kindes zu fokussieren und nicht auf die Milliliteranzahl.
Sissi Rasche

9. Wie kann ich als Partner/Partnerin meine stillende Frau und das Baby unterstützen und aktiv beim Stillprozess involviert sein?

Sissi Rasche:  Gerade in den ersten Wochen, also im Wochenbett, muss das Stillen erstmal gelernt werden. Stillschwierigkeiten in dieser kräftezehrenden Phase sind keine Seltenheit. Die Unterstützung des Partners/der Partnerin ist also entscheidend. Ist ein Partner oder eine Partnerin genervt davon, dass das Stillen noch nicht so funktioniert, verschlimmert die Person die ganze Situation nur mit dem Druck, den sie ausübt. Daher ist es umso wichtiger, vollsten Support zu geben und hinter der Frau zu stehen: Ein voller Kühlschrank, eine saubere Wohnung, das Wissen, dass jemand da ist – es gibt viele Wege, die Frau in dieser besonderen Zeit zu unterstützen.

Ein Satz, den ich häufig auch höre ist: “Ich kann ja nicht stillen, das kann ich meiner Frau ja nicht abnehmen!”. Meine Antwort darauf lautet dann immer, dass beim Vater beziehungsweise der Partnerin oder Ehefrau das Tragen des Babys im Tragetuch sozusagen das Stillen und die Bondingzeit ist. So kann ich die Frau also auch unterstützen und aktiv das Bonding mit dem Baby stärken

10. Über welchen Stillmythos schüttelst du den Kopf?

Sissi Rasche:  Ich bin immer noch erschüttert, dass bestimmte Stillabstände noch so propagiert werden. “Das Kind soll nur alle vier Stunden gestillt werden!” – das ist für mich ein supergroßer Mythos und altes Denken mit strengen Strukturen und Zeiten. Es ist einfach total wichtig, dass Kinder nach Bedarf gestillt werden: Kinder sagen einem ganz klar, was sie brauchen. Wenn Kinder zu häufig angelegt oder nur zu bestimmten Uhrzeiten gestillt werden – das finde ich einfach schwierig. Daher auch hier wieder mein Rat an die Frauen: Achte auf die Kommunikation deines Babys, es sagt dir schon ganz klar, was es möchte. 

Jetzt auf Pinterest pinnenMutter liegt auf der Couch und stillt ihr Baby
©istock.com

Gibt es noch etwas, was du zum Thema sagen möchtest? Etwas, was wir vielleicht noch nicht angesprochen haben? Hast du noch einen Tipp, den du gerne den von dir begleiteten Familien mitgibst?

Sissi Rasche:  Ich finde es wichtig, dass man sich schon vorher zum Stillen informiert, vielleicht ein, zwei Bücher zu dem Thema liest, oder mit Freundinnen spricht, die schon erfolgreich ein Kind gestillt haben. Freundinnen sind gute Ratgeberinnen, an die ich mich mit meinen Fragen wenden kann: “Was war am Anfang schwierig?” oder “Was hättest du besser machen können?”. Da das Stillen so ein bisschen aus unserer Gesellschaft verschwunden ist, sind Erfahrungsberichte und offene Gespräche einfach eine wichtige Informationsquelle für schwangere Frauen und Mütter eines Neugeborenen.

Empfehlenswert ist auch, sich vor der Geburt über bestimmte Anlaufstellen in der Nähe zu informieren, an die man sich wenden kann, wenn Probleme auftreten. Ist das Kind erst auf der Welt, ist die Recherche in der anstrengenden Wochenbettzeit ein zusätzlicher Faktor, der Stress bringt.

Vielen herzlichen Dank für das Gespräch und deine hilfreichen Antworten aus der Hebammen-Perspektive, liebe Sissi! Wir hoffen, dass wir mit diesem Artikel so einige Mythen rund ums Stillen entkräften können und wünschen allen Frauen, die gerade stillen oder stillen wollen, eine wunderbare Stillerfahrung. 

Infos zu Sissi Rasche:
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Sissi Rasche ist seit über 15 Jahren Hebamme aus Leidenschaft und begleitet Frauen liebevoll durch Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Zusammen mit ihrer Kollegin Kareen Dannhauer rief sie den Podcast “Der Hebammensalon” ins Leben, der mit viel Herz und Humor die häufigsten Fragen rund ums Baby beantwortet und auch als Buch erhältlich ist. Außerdem ist sie Mitgründerin des Babylabels BabyBox and Family. Sissi lebt mit ihrem Mann und ihren vier Kindern im Berliner Stadtteil Charlottenburg.

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